Pressemitteilung | 01.07.2015

Kaktusiniative kritisiert einseitige Lobbyarbeit und Meinungsmache der IHK Region Stuttgart.

Stuttgart 01.07.2015

Einige wesentliche Punkte der Kammerkritiker, die in sich in der Kaktusinitiative zusammengeschlossen haben, betreffen die konsequente und einseitige Lobbypolitik der IHK für Großunternehmen. Hier wird – entgegen des gesetzlichen Auftrags – nicht das Gesamtinteresse der Wirtschaft vertreten, sondern Meinungsmache im Sinne weniger einflussreicher Unternehmen betrieben. Dieses negative Bild der Kammer wurde in der vergangenen Sitzung überdeutlich bestätigt.

Der Bericht des Präsidenten der IHK stellt einen festen Programmpunkt in nahezu jeder Vollversammlung dar. In dieser Stellungnahme teilt das Präsidium der IHK seine Meinung zum Stand der wirtschaftlichen Entwicklung, der Stimmung in den Unternehmen und zu erwartenden Problemen mit. Untermauert werden die Ergebnisse in den meisten Fällen mit Befragungen von Unternehmen um damit den gesetzlichen Auftrag der Abbildung der Meinung der Wirtschaft zu erfüllen.

In der Sitzung vom 29.06.2015 wurden in diesem Bericht nun unter anderem die Initiativen der IHK zu den Themen Flughafenerweiterung und Erbschaftssteuer als wesentliche Projekte, die sogar in den Berliner Ministerien Gehör finden, vorgestellt. Beide Initiativen sind laut des Präsidiums wesentlich für die Entwicklung der Region und ihrer Unternehmen. Die Kaktusinitiative rechnete die in diesem Zusammenhang genannten Zahlen nach und verurteilte beide Initiativen als reine Meinungsmache für eine interessierte Minderheit, die nicht die Meinung der Gesamtheit der Unternehmen widerspiegle.

Am Beispiel der Flughafenerweiterung fragte Peter Schweizer, Unternehmer aus Ludwigsburg, nach, wie man ein Ergebnis, das durch die Teilnahme von ca. 380 Unternehmen von 144.000 in der Region zustande kam, als repräsentativ bezeichnen könne und ob es nicht besser gewesen wäre, das ganze repräsentativ befragen zu lassen. Laut Schweizer sprechen auch die im Geschäftsbericht der Flughafen AG vorgelegten Zahlen eine andere Sprache und würden einen dringenden Bedarf nicht erkennen lassen.

Im selben Zusammenhang wäre die Initiative zur Erbschaftssteuer zu sehen, die lediglich für 1% der Unternehmen in ganz Deutschland Relevanz hat. Auch hier, so der Vorwurf von Schweizer, vertritt die IHK entgegen ihres gesetzlichen Auftrags, die Interessen einer verschwindenden Minderheit und lässt die Meinung der Mehrheit der Unternehmen unter den Tisch fallen.

In der Erwiderung des Präsidiums stellte Präsident Fichtner klar, dass man mitnichten die Interessen von wenigen vertrete, sondern gerade die 1% der Unternehmen eine hohe Relevanz für die Region hätten und man sich nur vorstellen müsse, was passieren würde, wenn diese wichtigen Firmen abwandern oder aufgrund der Belastung durch die Erbschaftssteuern ins Ausland verkauft werden würden. Auf Nachfrage konnte er seine Aussage aber nicht durch Zahlen belegen und musste feststellen, dass sie lediglich seine eigene Einschätzung der Lage darstelle.

Hierzu hält die Kaktusinitiative fest, dass selbst wenn einzelne Unternehmen dieser 1% die Region verließen, die Auswirkungen immer nur für eine Minderheit der Gesamtheit der Unternehmen spürbar wären. So stellt die größte Gruppe des produzierenden Gewerbes gerade einmal 30% aller Unternehmen in der Region dar. Und gerade bei der Erbschaftssteuer ist Präsident Fichtner selbst Betroffener und muss sich den Vorwurf gefallen lassen, hier mehr im eigenen als im Interesse der Wirtschaft zu handeln.

Im Gegensatz dazu möchte das Präsidium nicht, dass die Vollversammlung über die Auswirkungen des deutsch-atlantischen Freihandelsabkommens (TTIP) diskutiert, dessen Nutzen bzw. Schaden für große und kleine Unternehmen äußerst unterschiedlich erwartet wird. Auch die massenhafte Ausspähung von Unternehmen durch die NSA und andere Geheimdienste ist für die IHK Region Stuttgart kein Thema, wie Markus Koch kritisiert, ebenfalls Teil der Kaktusinitiative.

Dauerstreitthema ist ebenfalls die immer schlechter werdende Verkehrsinfrastruktur in der Region Stuttgart, besonders in der City. Sowohl für den täglich kollabierenden Straßenverkehr, die Feinstaubproblematik, als auch die immer schlechter werdenden öffentlichen Verkehrsmittel findet die IHK keinen Diskussions- und Handelsbedarf. Seit dem Bau von Stuttgart 21 sind nicht nur die S-Bahnen und Regionalzüge permanent unpünktlich, was im Sinne der Mitarbeiter aller anwesenden Unternehmer, großer und kleiner, als Riesenproblem thematisiert werden müsste, auch neueste Überlegungen aus dem Stuttgarter Rathaus, wie man dem Feinstaub und Stauproblem in Stuttgart Herr werden soll, beispielsweise werden bereits Fahrverbote diskutiert, finden keinerlei Interesse bei der Diskussion in der IHK um eine Verbesserung. Dem Thema regionale Infrastruktur scheint – im Gegensatz zu einer Erweiterung des Übersee-Flugangebots – weniger Bedeutung zugemessen zu werden.

Die genannten Initiativen zeigen für die Kaktusinitiative einmal mehr, dass Präsidium und Hauptgeschäftsführung einseitig Meinung für eine Minderheit von Großunternehmen machen und die Interessen der Mehrheit der mittleren und kleinen Betriebe für die Arbeit der Kammer keine Rolle spielen. Die Kammerkritiker sehen sich weiter in Ihrer Arbeit für eine reformierte, demokratische und transparente IHK bestätigt.

Über die Kaktusinitiative:

In der Kaktusinitiative finden sich seit 2011 kritische Mitglieder der Vollversammlung der Region Stuttgart zusammen, die eine bessere IHK fordern, die Abschaffung der Zwangsmitgliedschaft und eine freie Kammerwahl, mehr Transparenz, eine Stärkung der Mitbestimmungsrechte und eine gerechtere Lastenverteilung der Beiträge.

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